"Trösten, die vergessene Kunst"


7. Teil:  Trösten - aber wie?
Was sollte ich sagen, wenn sie die Tür öffnete? Man stört ja schließlich nicht ohne Grund! – Es ist immer wieder eine Mutprobe, sich auf sein „Gefühl“ zu verlassen, obwohl alle „logischen“ Argumente dagegen sprechen. Aber ich hatte schon oft genug die Erfahrung gemacht, dass es Gründe gab, die der Verstand eben nicht kannte. Es war wie „ins kalte Wasser springen“.

Während ich noch überlegte, wie ich meinen „Überfall“ um diese Zeit begründen konnte, öffnete sich die Tür. Mit verweinten Augen stand mir meine Nachbarin gegenüber. Sie fragte gar nicht, sondern bat mich gleich zu sich ins Haus.
Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Wenn sie bereit war, mich in diesem Zustand herein zu bitten, musste es wirklich sehr dringend sein. Meine innere Stimme hatte mal wieder recht gehabt. Ich erzählte in wenigen Worten, wie ich gedrängt worden war, sofort zu ihr zu gehen…

Ja, es war dringend gewesen. Ihre Tochter war wieder ins Krankenhaus gekommen und es sah gar nicht gut aus. So schlimm es bisher gewesen war, jetzt war eine Grenze überschritten. „Wie lange noch?“, war die Frage, die unausgesprochen im Raum stand.

Trösten? Das ist unmöglich, wenn man solchem Leid gegenüber steht. Aber kommen und sich still alles anhören, auch wenn man nichts Hilfreiches sagen kann. Hingehen und einfach durch seine Anwesenheit zu erkennen geben: “Ich bin hier, wenn Sie etwas brauchen. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“ Es sind oft die ganz banalen Kleinigkeiten, für die derjenige in einer solchen Extremsituation oft keine Zeit hat! Es genügt wirklich das Signal:„Hier bin ich. Was brauchen Sie im Augenblick?“ In diesem Fall war es einfach die Tatsache, dass ich ungefragt gekommen war. Dass sie für eine kurze Zeit ihre Ängste aussprechen konnte. Dass sie das Gefühl hatte, nicht allein zu sein!


Fortsetzung folgt!
Die Namen der beteiligten Personen wurden geändert, um ihre Identität zu schützen.